Neugestaltung Stadtbalkon Marburg
Die mittelalterliche Oberstadt staffelt sich von der Barfüßerstraße bis zum Landgrafenschloss dramatisch in die Höhe und ist identitätsstiftendes Postkartenmotiv der Stadt Marburg. Die großzügige Terrasse des Lutherischen Kirchhofs mit seinem markanten Kirchenbau und Altbaumbestand ist wichtiger und weithin sichtbarer Trittstein auf dem Weg zum Gipfel. Das Plateau erlaubt einen weiten Panoramablick über die Dächer der Stadt, deren Potenzial jedoch noch nicht vollends ausgeschöpft wird. Die jahrzehntelange Nutzung als Parkplatz sieht man der Fläche an, eine der gesamtstädtischen Bedeutung entsprechende Gestaltung mit Aufenthaltsqualität fehlt.
Das darunterliegende Gassensystem aus Kugelgasse, Rübenstein und anderen folgt der mittelalterlichen Stadtstruktur und den Zwängen der Topografie. Die gut erhaltene Bausubstanz mit vielen Fachwerkhäusern prägt den Charakter des Stadtviertels. Die verwinkelten Gassen schaffen intime Situationen mit versteckten Aufenthaltsbereichen, ein tragendes Grundprinzip das stärker ausgebaut werden soll. Nicht nur für die Anwohner ergeben sich hierdurch attraktive Begegnungsorte entlang alltäglicher Wege, sondern auch für die Besucher der Stadt interessante touristische Nebenrouten. Der vorliegende Entwurf soll beide Ansprüche in Einklang bringen. Die historisch bedingte dicht gesetzte Bebauungsstruktur lässt wenig Raum für Grün und Verschattung, umso wichtiger sind Maßnahmen zur Klimaanpassung und Starkregenvorsorge. Diese Maßnahmen werden in eine einheitliche Gestaltsprache eingebunden und sorgen für ein stimmiges Gesamtbild der Oberstadt.
Die auf einen Fels aus Sandstein gebaute Altstadt drückt sich in der steinernen, mittelalterlich geprägten Bebauungsstruktur aus. Die vorgeschlagenen Oberflächenbeläge aus Naturstein greifen die ortsspezifische, rötliche Farbgebung auf und schaffen einen gestalterischen Zusammenhang, der die Eigenheiten der unterschiedlichen Teilbereiche respektiert und die stadtgeschichtliche Identität stärkt. Ein neuer Mobiliarkatalog aus markanten Sitzelementen aus Holz schafft wiedererkennbare Elemente in unterschiedlicher Skalierung und Dichte, die sich der Atmosphäre der unterschiedlichen Bereiche anpassen. Die klimagerechte Umgestaltung der Oberstadt ist zentrales Thema des Umgestaltungsprozesses und führt zu einer maximalen Durchgrünung der steinernen Stadtstruktur. Der Stadtbalkon erhält eine großzügige Wiesenfläche und schafft einen ruhigen und grünen Gegenpol zum steinernen Marktplatz.